Menschenbild in der anthroposophischen Heilpädagogik
Ein grundlegender Gedanke unserer integrativen Arbeit ist der, dass bei einem Menschen mit Behinderung die eigentliche Persönlichkeit, der Wesenskern immer unversehrt ist. Das Geistige des Menschen erkrankt also nicht, wird aber durch Störungen verschiedenster Art im Leiblichen behindert, frei zur Entfaltung zu kommen. Daher spricht man in der anthroposophischen Heilpädagogik nicht von geistiger Behinderung, sondern von Seelenpflege bedürftigen Menschen. Man kann dann von einer geistigen Behinderung sprechen, wenn man damit das körperliche Instrument meint, das für das Denken verantwortlich ist.
Der Erzieher sieht hinter der Behinderung eine vollständige Persönlichkeit, die sich unvollständig äußert, aufgrund einer körperlichen Störung wie z. B. Verzögerung oder Einseitigkeit in der Motorik, Sprache oder im Denken.
Durch die Kinder erfahren wir immer wieder, dass sie eine umfassendere Wahrnehmung als die Erwachsenen haben. Sie können spontan und unvoreingenommen Menschen mit Behinderung begegnen und sie in ihrer Gesamtpersönlichkeit wahrnehmen, ohne der Behinderung eine besondere Bedeutung zu geben. Unser Impuls ist es nicht, fünf Kinder mit so genannten erschwerten Bedingungen in eine Gruppe zu integrieren, sondern im Sinne der Inklusion aus 15 - 20 Kindern mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Stärken und Schwächen, eine Gemeinschaft zu bilden.
Eine Gruppe ist immer eine Schicksalsgemeinschaft, die das Kind sich gewählt hat.
Das Kind sucht sich seine Lernprozesse und wir können es als Erwachsener darin unterstützen.
Jedes Kind als einzigartige Persönlichkeit sucht mit Hilfe seiner besonderen Lebenssituation oder seinem Lebensplan, seinem Urbild oder seiner Uridee zu folgen. Jeder sucht sich seinen individuellen Arbeitsplan, sein Umfeld, seine Bedingungen, um seine Zielsetzung verwirklichen zu können.